„Durchblick im Netz“ ist ein Präventionsprojekt zur Förderung einer risikoarmen Teilhabe am Internet für Mädchen und Jungen mit und ohne Behinderung. Wir, das sind pädagogische Fachkräfte des gemeinnützigen Bielefelder Vereins “EigenSinn – Prävention von sexualisierter Gewalt an Mädchen und Jungen e.V.”, schulen über einen Zeitraum von drei Jahren insgesamt 110 Jugendliche mit und ohne Behinderung in 11 aufeinander folgenden Intensiv-Workshops. „Durchblick im Netz“ ist ein inklusionsförderndes Projekt, das aus täglicher Praxis entsteht und dessen Ideen und Konzepte über diese Webseite allgemein zugänglich sind. Interessierte Kolleginnen und Kollegen sind eingeladen sich zu beteiligen und die von uns veröffentlichten Ideen, Methoden und Materialien für eigene Projekte zu nutzen. Das Projekt wird gefördert von der Aktion Mensch.
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Zum Hintergrund
Ob über Laptop, PC, Tablet oder Smartphone – ab einem durchschnittlichen Alter von etwa 10 Jahren sind nahezu alle Kinder und Jugendlichen in Deutschland regelmäßig online. Beliebte Online-Dienste junger Nutzer sind vor allem WhatsApp, Facebook und Co. – Dienste, bei denen Kommunikation und Interaktion im Mittelpunkt stehen. Hier können Heranwachsende mit Freunden chatten, sich an Gleichaltrigen orientieren, sich präsentieren, ausprobieren und zugehörig fühlen. Die Online-Kommunikation ist mittlerweile fester Bestandteil heutiger Kinder- und Jugendkultur. Insbesondere für Jugendliche mit Förderbedarf bieten Soziale Netzwerke und digitale Kommunikationsdienste zahlreiche Möglichkeiten zur jugendkulturellen und gesellschaftlichen Teilhabe.
Allerdings begegnen Mädchen und Jungen in Online-Communities und Chats nicht nur angenehmen Kontakten. Cybermobbing, Belästigung, Cybergrooming (die gezielte Anbahnung sexueller Kontakte), Urheberrechtsverletzungen, Kostenfallen, die Verbreitung und der Missbrauch von sensiblen persönlichen Daten, Fotos und Videos sind einige der Gefahren, denen Heranwachsende im Internet heute begegnen können. Insbesondere Mädchen und Jungen mit Förderbedarf brauchen gezielte Unterstützung, um diese Risiken überblicken und sich möglichst risikoarm im Internet bewegen zu können. Ein Fernhalten Jugendlicher von dem sogenannten “Social Web” birgt nicht nur die große Gefahr, dass sie hinter dem Rücken Erwachsender handeln und sich bei Problemen nicht an diese wenden. Heranwachsenden wird durch solche Verbote auch eine Teilhabe am digitalen Raum verwehrt – ein Raum, der in Zeiten von Digitalisierung und Inklusion für alle Menschen gleichermaßen zugänglich sein sollte!
Hier setzt das Präventionsprojekt „Durchblick im Netz“ an. Das Projekt des Bielefelder Vereins „EigenSinn“ startete im Juli 2014 mit ersten Workshops zur Förderung eines risikoarmen und zugleich an Chancen orientierten Umgangs mit Online-Medien. Darüber hinaus werden die Teilnehmer und Teilnehmerinnen in der Realisierung eigener Medienprodukte unterstützt, in denen sie ihre Kenntnisse aufarbeiten und über virtuelle Netzwerke mit anderen Jugendlichen teilen. Die Schaffung eigener Projekte und deren Präsentation stärken das Selbstwertgefühl der Mädchen und Jungen durch die Erfahrung von Selbstwirksamkeit und erweitern ihre Kommunikations- und Handlungsspielräume. Die Workshops richten sich an Mädchen und Jungen zwischen 12 und 16 Jahren, insbesondere an Jugendliche mit geistigem Förderbedarf sowie Gehörlose bzw. Jugendliche mit Beeinträchtigung der Hörfähigkeit, da derzeit der Bedarf an Aufklärungs- und Präventionsangeboten für diese Zielgruppe nicht gedeckt ist: Es fehlen spezifische medienpädagogische Konzepte und spezielle pädagogische Materialien. Daher hat das Präventionsprojekt „Durchblick im Netz“ Modellcharakter: Die Methoden, Arbeitsweisen und Projektergebnisse sollen zum Projektende als Manual veröffentlicht und mit dem Fachpublikum aus Medien- und Heilpädagogik kommuniziert werden. Darüber hinaus sollen übertragbare Rahmenbedingungen für die Entwicklung und Implementierung von medienpädagogischen Angeboten entwickelt werden, die eine Öffnung der freizeitpädagogischen Angebote für Mädchen und Jungen mit Behinderung ermöglichen.
Über EigenSinn e.V.
EigenSinn e.V. ist als gemeinnütziger anerkannter freier Träger der Jugendhilfe seit 1991 im Großraum Bielefeld und Ostwestfalen tätig. Die Arbeit des Vereins besteht in der Aufklärung und Informationsvermittlung über sexualisierte Gewalt mit dem Ziel, diese zu verhindern oder möglichst bald zu beenden. Mit zielgruppenspezifischen Bildungsangeboten und Öffentlichkeitsarbeit wird eine umfassende, sachgerechte Aufklärung über sexuellen Missbrauch und Möglichkeiten der Prävention geleistet. Dank unterschiedlicher fachlicher Ausrichtungen führen wir Informationsveranstaltungen für Eltern, Fortbildungen für pädagogische Fachkräfte und Projekte für Mädchen und Jungen im interkulturellen, heilpädagogischen und medienpädagogischen Bereich durch.